#073 – Resveratrol Studien
Dieser Beitrag ist Teil unseres wöchentlichen Newsletters. Jeden Mittwoch um 11 Uhr bekommst du von uns eine 5-10 Minuten lange E-Mail mit neusten Studien, Trainings- & Ernährungsplänen, Challenges und vieles mehr um das Thema Longevity. Trage dich doch gleich für den komplett kostenfreien Newsletter ein (abmelden jederzeit möglich).
Dein heutiges Gesundheits Upgrade
- Zahl der Woche – 6 Minuten
- Wein trinken und länger leben?
- Studienlage zu Resveratrol
- Challenge der Woche – Supplement Check
- Zitat der Woche
Zahl der Woche – 6 Minuten
Letzte Woche saß ich mehr als normalerweise am Schreibtisch. Um in kein Mittagstief zu fallen, mache ich oft nach dem Mittagessen einen 15-minütigen Spaziergang. Doch gegen 15, 16 Uhr – du kennst das vielleicht – kommt das zweite Tief. Der Kopf wird langsam, die Konzentration lässt nach, und die To-do-Liste schaut mich unbeeindruckt an.
Genau in so einem Moment bin ich auf eine Studie gestoßen, die mich sofort neugierig gemacht hat. Forschende der University of Michigan haben 2014 herausgefunden: Schon 6 Minuten Natur – und zwar in Form von Bildern, nicht einmal in echt – reichen aus, um die sogenannte exekutive Aufmerksamkeit messbar zu verbessern. Heißt: Besser konzentrieren, fokussierter arbeiten, weniger anfällig für Ablenkungen. Und das ganz ohne Koffein oder Powernap.
Die Teilnehmenden der Studie – junge und ältere Erwachsene – schauten sich einfach Naturfotos an, etwa Wälder oder Seen. Danach schnitten sie in einem Aufmerksamkeitstest besser ab. Wer dagegen Stadtbilder betrachtete, blieb im Tief stecken.
Ich hab’s ausprobiert. Habe mir für genau sechs Minuten Naturbilder angeschaut – keine Musik, kein Handy, einfach nur Bilder. Und siehe da: Es funktioniert. Kein Zaubertrick, aber ein kleiner mentaler Frischekick, der den Nachmittag rettet.
Wein trinken und länger leben?

Erstellt mit Dall-E
Wenn du dich für Longevity interessierst, hast du sicherlich schon von den Blue Zones gehört. Eine dieser Blue Zones ist in Sardinien. Dort steht bei den 100-Jährigen Wein mehrmals wöchentlich oder sogar täglich auf dem Speiseplan. Wein trinken und länger leben? Das hört sich ja hervorragend an.
Doch was steckt wirklich dahinter? Einige vermuten Resveratrol – ein sekundärer Pflanzenstoff, der vor allem in der Haut roter Trauben vorkommt. Und weil Rotwein nun mal aus eben diesen Trauben gemacht wird, lag die Idee nahe: Vielleicht ist das Glas Rotwein am Abend ein Lebenselixier.
Tatsächlich konnte Resveratrol in Zell- und Tierstudien so einiges: Es aktivierte bestimmte Gene, die mit Langlebigkeit in Verbindung stehen, verbesserte Stoffwechselprozesse und schützte die Zellen vor oxidativem Stress. Klingt traumhaft – doch der Sprung vom Mausmodell zum Menschen ist leider ein großer.
Denn die Mengen an Resveratrol, die in Studien eingesetzt wurden, liegen weit über dem, was in einem Glas Wein enthalten ist. Um vergleichbare Dosen zu erreichen, müsstest du täglich mehrere Hundert Liter Wein trinken – was dann leider auch nicht mehr als gesund gelten würde.
Dazu kommt: Wein ist nicht gleich Resveratrol. Alkohol bringt auch eigene Risiken mit sich, etwa für Leber, Gehirn oder den Hormonhaushalt. Und obwohl moderate Trinker in manchen Bevölkerungsgruppen länger leben, lässt sich schwer sagen, ob es am Wein, dem sozialen Umfeld oder anderen Lebensstilfaktoren liegt.
Wein trinken macht noch keinen Bryan Johnson aus dir. Wenn überhaupt, ist es das Gesamtpaket der Blue Zones – gesunde Ernährung, Bewegung, soziale Einbindung – das zählt. Resveratrol im Wein? Nettes Extra. Aber leider kein Wundermittel aus dem Glas.
Studienlage zu Resveratrol
Erstellt mit Dall-E
Resveratrol hat in der Welt der Anti-Aging-Forschung einen beinahe mythischen Status. Der Pflanzenstoff, der vor allem in roten Trauben, Beeren, Erdnüssen und Kakao vorkommt, wurde lange als möglicher Schlüssel zu einem längeren Leben gehandelt. Aber was sagt die Forschung wirklich?
Ein paar wichtige Studien im Überblick:
- 2006, Sinclair et al.: In einer vielzitierten Mausstudie wurde gezeigt, dass Resveratrol bei überfütterten Mäusen die gesundheitsschädlichen Effekte einer fettreichen Ernährung abmildern und die Lebenserwartung erhöhen kann.
- 2011, Baur et al.: Ebenfalls im Tiermodell zeigte Resveratrol eine Aktivierung der Sirtuine – Enzyme, die mit Zellschutz und Langlebigkeit in Verbindung stehen.
- 2017, Timmers et al.: In einer randomisierten, kontrollierten Studie am Menschen zeigte Resveratrol einige positive Effekte auf den Stoffwechsel (z. B. Insulinsensitivität), aber keine klare Wirkung auf Marker der Langlebigkeit.
- 2023, Meta-Analyse (Liu et al.): Ergebnisse aus über 20 Studien zeigen zwar kleine Effekte auf Blutzucker, Blutfette und Entzündungsmarker – aber keine einheitliche Wirkung auf die Lebenserwartung oder gesunde Alterung.
Resveratrol klingt in der Theorie spannend, in der Praxis ist die Evidenz aber ernüchternd. Im Labor wirkt es oft beeindruckend – doch beim Menschen bleibt die Wirkung begrenzt, vor allem, weil die Bioverfügbarkeit extrem niedrig ist. Die Mengen in Lebensmitteln reichen kaum aus, und auch viele Supplemente scheitern daran, effektiv ins Blut zu gelangen.
Wer gesund alt werden will, sollte lieber in bewährte Lifestyle-Faktoren investieren: Bewegung, ausgewogene Ernährung, guter Schlaf, weniger Stress. Resveratrol? Eher ein netter Bonus – aber sicher kein Muss.
Challenge der Woche – Supplement Check
Nachdem wir nun gesehen haben, dass Resveratrol zwar in Tierstudien Wirkung zeigt, beim Menschen aber eher enttäuscht, wird es Zeit, die eigenen Nahrungsergänzungsmittel einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen. Was wirkt wirklich – und was ist eher teures Wunschdenken in Kapselform?
Deine Aufgabe diese Woche:
Mach einen ehrlichen Check deiner Supplements. Nicht aus dem Bauchgefühl heraus, sondern auf wissenschaftlicher Basis. Hier kommt dein Fahrplan:
- Mach eine Liste deiner Supplements
Alles aufschreiben, was du regelmäßig nimmst – auch die Dinge, die „eh nur Vitamin C“ sind. Wirklich alles. - Starte den Wirklichkeitscheck mit diesem Prompt:
Gib bei ChatGPT folgenden Befehl ein:
„Durchsuche wissenschaftliche Websites wie PubMed zu Wirksamkeitsstudien zu [NAME DES SUPPLEMENTS] bei gesunden Erwachsenen.“
(Du kannst den Prompt gerne anpassen, falls du zum Beispiel gezielt nach Schlaf, Konzentration oder Regeneration suchst.) - Achte auf diese Punkte bei der Antwort:
- Gibt es Studien am Menschen oder nur an Mäusen?
- Wie groß waren die Effekte wirklich?
- In welchen Dosierungen wurde getestet – und wie passt das zu deinem Produkt?
- Zieh dein Fazit
- Was bleibt in deinem Schrank, weil es solide Evidenz gibt?
- Was fliegt raus, weil’s eher ein Placebo-Effekt ist?
- Was wolltest du immer schon mal checken, hast es aber nie gemacht?
Notiere dir die Produkte, die du weiterhin nehmen willst, und warum. So hast du in Zukunft immer eine fundierte Entscheidung parat – und sparst Geld für Quatschprodukte. Diese Woche heißt es nicht „mehr ist besser“, sondern „was bringt’s wirklich?“. Dein Körper (und dein Geldbeutel) werden’s dir danken.
Zitat der Woche
„Am Rausch ist nicht der Wein schuld, sondern der Trinker.“ – Konfuzius